Copyright by Rainer Leyk
VITA
1978 geboren Ravensburg
Kunsstudium PH Weingarten
Kunststudium fadbk Essen
Weiterbildung bei Markus Lüpertz
Weiterbildung bei Hermann Nitsch
Meisterschüler der fadbk Essen
ZUR ARBEIT
Im Zuge des Zeitalters der technischen Reproduzierbarkeit hat die Malerei ihren reinen Abbildungsauftrag an die Fotografie abgegeben. Statt den Tod der Malerei herbeizuführen, hat die Fotografie neue Entwicklungen in Gang gesetzt. Bei dem früh beschworenen Kontrahenten der Malerei, welche den Augenblick tötet, präpariert und konserviert, handelt es sich allerdings nicht um ein verlässliches Medium zur Abbildung von Realität. Der Fotograf nimmt eine subjektive oder inszenierte Vorauswahl des Bildausschnittes vor. Das Foto ist auch ein Mittel der Vereinfachung durch Stilllegung. Es fängt die Umwelt nicht einfach ein, sondern reduziert diese auf das Fotografierbare. Demzufolge wird nur bedingt ein Ausschnitt von Realität erzeugt. Mit der digitalen Revolution hat die Fotografie ihre Wahrhaftigkeit gänzlich aufgegeben, denn heute kann ein Abbild auf unterschiedliche Weise generiert werden. Ein Abbild ist damit nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden, kann reine Erfindung sein. Damit nähert sich die Fotografie der Malerei wieder an.
Künstler haben schon sehr früh die Möglichkeiten optischer Geräte und Fotografien erkannt und, wenn auch heimlich, mit diesen gearbeitet. Statt direkt nach der Natur zu malen, ist die Fotografie der Malerei zwischengeschaltet und ermöglicht damit die Fixierung eines flüchtigen Moments bestimmter Gegebenheiten. Diese können dann genauer studiert oder auch manipuliert werden.
Zunächst ist eine malerische Geste nichts außer Farbsubstanz. Darüber hinaus bezeugt sie eine Handlung und Bewegung. Im Zusammenhang einer absichtsvollen Setzung, Beschmierung oder Übermalung kann sie eine anarchische Regung, ein Urinstinkt, eine Aktion, ein Kommentar oder Umdeuten sein. Eine malerische Geste wird damit zum Zeichen. Sie steht nicht mehr nur für sich selbst, sondern repräsentiert etwas darüber hinaus.
Übermalungen, Verwischungen oder Auslöschungen von fotografischen Vorlagen sind seit Arnulf Rainer, Gerhard Richter bis hin zum Bombing der Street-Art eine bekannte Vorgehensweise und Strategie der Kunst. Dabei handelt es sich für mich nicht um einen künstlerischen Akt der Gewalt gegenüber dem früh erklärten Todfeind der Malerei oder einer Entmythisierung des Fotos durch partielle Auslöschung. Vielmehr sind diese vermeintlichen Zerstörungsprozesse und Dekompositionen als Kreativitätsprozesse zu verstehen, durch welche das Ursprungsmaterial eine Neubildung erfährt. Somit handelt es sich um eine Strategie zur Umdeutung und Generierung neuer Bilder, in welchen das Spannungsfeld von Malerei und Fotografie hinterfragt und ausgelotet wird. Der übermalte Abzug erhält eine neue Bedeutung, Dramaturgie oder Intensität. Die Arbeiten bewegen sich in einem Zustand zwischen Ding und Unding. Die malerische Spur wird durch Überlagerung des Sujets zum dominanten Motiv. Das Foto hingegen verliert seine starke Präsenz und dient dem Bildaufbau als Untergrund und Material.
Im Gegensatz zu Richter und Rainer handelt es sich bei den Arbeiten von Rainer Leyk nicht um spontane Übermalungen von Fotografien. Aus einer Vielzahl von Fotografien bildet sich intuitiv eine Hauptvorlage heraus. Im Dialog mit der fotografischen Vorlage wird ein Vokabular an Gesten und Zeichen erstellt. Dieses kann auf unterschiedliche Weise erzeugt oder generiert werden, bleibt aber in seiner Form einmalig und nicht wiederholbar. Im Bildfindungsprozess, der entgegen der intuitiven Entstehung des Ausgangsmaterials systematischer verläuft, wird der Untergrund um weitere Bildebenen erweitert. Die Schichtung sorgt für den Anstieg an Dichte und Information, dabei entsteht ein komplexes Zeichengefüge einzelner Gesten. In einem Übersetzungsprozess erfolgt die Übertragung in eine andere Sprache. In der Malerei wird die Koexistenz der verschiedenen Medien wieder aufgehoben und zu einer Einheit zusammengeführt. Bei den Objekten wird die Geste in den realen Raum zurückgeführt.
Foto und Spur werden zu Abbildern ihrer selbst und letztlich zum Zitat. Damit wird nicht das Abbild, sondern das Foto zitiert, sowie die malerische Geste als Zitat und Zeichen, welches wiederum die Malerei als Thema an sich umfasst.
Der übersetzte Entwurf kann nicht mehr zeigen als das was ist, allerdings in einer anderen und gesteigerten Form. Subjektiv betrachtet erfahren die Gemälde und Objekte durch diesen Übersetzungsprozess eine gewisse Präsenz und Intensität. In der Begrifflichkeit von Walther Benjamin vielleicht auch eine Aura, welche in der Vorlage so noch nicht vorhanden war.