Wie bewerbe ich mich erfolgreich?
Selbstvermarktung, das ist nicht unbedingt ein Lieblingswort vieler Künstler. Zu weit weg von der künstlerischen Arbeiten beschwört es ein Unbehagen herauf und das Bild vom Marktschreier, dessen Rufe das Werk zukleistern. Ein romantisiertes Künstlerbild erzählt immer noch die Geschichte vom brotlosen Artisten, der zwar verarmt, aber ehrenvoll, seine ganze Energie in die Kunst steckt bis er irgendwann entdeckt wird. Hier liegt die Krux, denn die Passivität des Wartens auf die Entdeckung kann lang und unbefriedigend werden. Kunst will wahrgenommen werden. Was also tun, um Sichtbarkeit zu erlangen? Denn die wichtigsten Aspekte von Selbstmarketing sind: Aktiv sein, Sichtbarkeit erzeugen und Spuren hinterlassen.
Dies kann auf vielen Wegen gelingen und sich aus den unterschiedlichsten Bausteinen zusammensetzen. Einer dieser Bausteine können Ausschreibungen sein. Die Teilnahme an Kunstwettbewerben führt gegebenenfalls zur Produktion neuer Arbeiten oder zu einer neuen Zusammenstellung unter den thematischen Bedingungen des Wettbewerbs. Die Anforderungen, die ein Wettbewerb stellt, können die Perspektive auf die eigenen Arbeiten strukturieren. Insofern kann es ein produktiver Input sein, den die Teilnahme an einer Ausschreibung geben kann. Die Werke werden, je nach Preis, von einem Auswahlkomitee oder der Öffentlichkeit begutachtet und rezipiert. Und schließlich kann eine erfolgreiche Teilnahme das Profil des Künstlers schärfen. Denn im Künstlerlebenslauf sind es neben den Arbeiten und der Ausbildung, Ausstellungen und Preise, die ein künstlerisches Profil bilden.
Zudem sind Wettbewerbe ein guter Weg, auch international Fuß zu fassen, denn inzwischen wenden sich viele Preise an Bewerber aus der ganzen Welt. Die Möglichkeit Bewerbungen digital zu versenden und auf Internetplattformen zu sammeln, haben ein großes Potpourri an Ausschreibungen hervorgebracht. Da den Überblick zu bewahren ist nicht leicht, denn die Zahl der Wettbewerbe ist groß und die Kriterien sind oft sehr unterschiedlich. Es werden Preise von öffentlichen oder privaten Stellen, wie dem Bund, Ländern, Gemeinden, Hochschulen, Museen, Galerien und Unternehmen ausgeschrieben, sowie von Stiftungen, Verbänden oder Vereinen. Manche Wettbewerbe sind offen und Künstler können ihre Bewerbung selbst einreichen; zum Beispiel der ARTWARD oder die Förderung der Karin Abt Straubinger Stiftung. Andere wiederum nehmen nur Vorschläge und Empfehlungen von eigens ernannten Kuratoren entgegen. Zum Beispiel das Stipendium der Villa Aurora oder der ars viva. Ausschreibungen wie Kunst am Bau oder auch Kunst im öffentlichen Raum erhöhen das Maß der Sichtbarkeit natürlich besonders und unterstützen auch die Kommunikation zwischen der Allgemeinheit und der Kunst.
Förderungen können als Stipendien, als Ausstellungsförderung, Katalogförderung oder als Artist-in Residence Programm vergeben werden. Meist sind die Preis unterschiedlich hoch dotiert. Der teuerste Kunstpreis „Arkadij Plastow“ wird in Russland vergeben. Die meisten Kunstpreise bewegen sich jedoch im ausgeglichenen mittleren Bereich und haben ein Budget um die € 10.000. Ein Ehrenpreis, wie der Goslaer Kaiserring kann auch undotiert sein, wertet aber die Vita eines Künstlers ungemein auf, weil er Renommée und Sichtbarkeit verschafft. Einer der bekanntesten Preise ist der britische Turner Prize, der sich an in Großbritannien geborene oder dort lebende Künstler richtet. Nicht nur die Verleihung, sondern auch die Ausstellung der Künstler, die auf die Shortlist gewählt werden, wird von der Kunstwelt jährlich mit Spannung erwartet.
Die Filter, die das Profil eines Preises ergeben, können obendrein sehr unterschiedlich sein. Einige beschränken sich auf bestimmte Techniken; so wendet sich der International Light Award an Lichtkünstler, der Szpiman Award wird für flüchtige Werke, die nur einen kurzen Moment existieren vergeben und der Medienkunstpreis der Stadt Marl richtet sich vor allem an Video- und Medienkünstler. Der Kunstverein Kehdingen hat in diesem Jahr einen Wettbewerb zum Thema Botanische Kunst ausgerufen – gar nicht so einfach eine passende Ausschreibung zu finden. Hinzu kommt, dass sich viele Preise an Nachwuchskünstler richten, um den Einstieg in den Kunstmarkt nach der Zeit an der Akademie zu erleichtern. Diese Preise haben oft eine Altersbeschränkung oder geben vor, wie lange der Abschluss zurückliegen darf. Da kann es schnell passieren, dass die eigenen Arbeiten thematisch passen, man aber aus anderen Gründen von der Teilnahme ausgeschlossen ist. Trotzdem sollte man nicht aufgeben. In der Fülle des Angebots findet sich auch die passende Ausschreibung für die eigenen Projekte. Wichtig ist, sich die Kriterien für die Teilnahme genau anzuschauen, damit man sich die Arbeit einer Bewerbung nicht umsonst macht.
Wo bewerbe ich mich? 5 Dinge, an die ihr bei Ausschreibungen denken müsst!
1. Verschafft Euch einen Überblick
Einen Überblick verschaffen kann man sich zunächst auf den Seiten des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler, hier werden regelmäßig neue Ausschreibungen veröffentlicht. Auch die Seite Call for Kunst listet aktuelle Wettbewerbe, ebenso wie die Seite der internationalen gesellschaft der bildenden künste. Die niederländische Seite transartists sammelt internationale Artist-in-Residence Programme und wer sich gerne weiter international informieren möchte ist sowohl bei der Seite touringartists, als auch beim Twitter Account @callforentries gut aufgehoben. Wie immer gilt: wer den Preisen auf den Social Media Kanälen folgt, genießt den Vorteil, das die Informationen direkt zu ihm kommen. Seit kurzem posten wir vom ARTWARD außerdem in unserer Kategorie EVENTS nicht nur Ausstellungen und Messen, sondern auch Wettbewerbe und Ausschreibungen.
2. Trefft eine Auswahl, die in euerem Arbeiten entspricht
Bei der Auswahl der Wettbewerbe sollte man auf mehrere Dinge achten. Lieber an weniger, gut ausgewählten Ausschreibungen teilnehmen und diese sorgfältig vorbereiten, als an viele Wettbewerbe das immer gleiche Portfolio zu schicken.
Für manche Preise darf man sich nur ein einziges Mal bewerben, hier gilt es mit überzeugenden Unterlagen anzutreten, die sorgfältig auf den Preis abgestimmt sind. Da manche Wettbewerbe – vor allem solche, die nicht von öffentlichen Institutionen ausgeschrieben werden – eine Teilnahmegebühr verlangen, ist es auch eine finanzielle Frage, welche und wieviele Ausschreibungen man wahrnimmt. Die Teilnahmegebühr sollte keinesfalls nicht zu hoch liegen – Kosten von mehreren hundert Euro deuten eher auf einen unseriösen Hintergrund, als auf einen ratsamen Contest. Um die Seriosität eines Wettbewerbs zu prüfen, gilt es vorab einige Dinge zu recherchieren. Die Frage, wer den Contest ausrichtet, sagt bereits viel über Zuverlässigkeit und Reichweite aus. Ist der Preis an eine Institution gebunden? Wird er von einem Unternehmen ausgerichtet? Sind die Macher aktive Akteure in der Kunstwelt und damit Multiplikatoren? Wer ist Teil der auswählenden Jury? Und wer hat diesen Wettbewerb bereits gewonnen? Sollte der Preis von einer wechselnden Jury vergeben werden, so wird eine erneute Bewerbung mit ganz neuen Augen gesehen werden. Andererseits kann ein festes Auswahlkomitee vielleicht eine Entwicklung erkennen und freut sich über ein Wiedererkennen. Es gilt, abzuwägen. Versucht im Vorfeld abzuschätzen, wieviel Zeit ihr in eine Bewerbung investieren müsst. Könnt ihr die Bewerbung online einreichen? Oder müsst ihr eine Mappe mit Originalen zusammenstellen und einschicken? Der Unterschied zeigt sich nicht nur bezüglich des Arbeitsaufwandes, sondern auch hier als ein finanzieller. Ein digitales Portfolio ist flexibel. Wenn es regelmäßig aktualisiert wird, ist es auch kurzfristig möglich eine Bewerbung einzureichen. Hinzu kommt, dass hier Bilder und Daten meist schnell ausgetauscht und angepasst werden können.
3. Wie bewerbe ich mich? Das Portfolio, um aufzufallen
Sobald man festgestellt hat, dass man die Teilnahmebedingungen erfüllt, gilt es ein angemessenes Portfolio zu erstellen. Hier stellen sich die Fragen: hat die Ausschreibung einen thematischen Schwerpunkt? Welche meiner Arbeiten repräsentieren diesen am stärksten? Möchte ich mich bei einer offenen Ausschreibung mit einer Übersicht über meine künstlerische Entwicklung bewerben? Oder nur mit ganz neuen Arbeiten? Wie stelle ich meine Arbeiten zusammen? Welche nehme ich in die Mappe hinein, welche lasse ich weg? Muss ich mich vielleicht auch für eine einzige Arbeit entscheiden?
Ein durchdachtes und rundes Konzept ist immens viel wert und überzeugend. Packt die Bewerbung nicht voller Arbeiten, die am Thema vorbeigehen, nur um Masse zu erzeugen. Im Zweifel ist weniger oft mehr; Struktur und Ordnung im Portfolio werden gerne gesehen. Wenn ihr einen Katalog mitschickt, freut sich der Ausschreiber über ein frankierten Rückumschlag. Denkt an aussagekräftige Abbildungen, die in einer guten Auflösung beim Empfänger ankommen. Zu kleine oder unscharfe Abbildungen werden in der Regel sofort zur Seite gelegt. Beschriftet die Abbildungen. Titel und Technik geben oft interessante Hinweise für die Jury. Last but noch least: verweist auf eure Website, auf der das Auswahlkomitee gegebenenfalls weitere Arbeiten von euch anschauen kann.
4. Die Vita: A und O für den künstlerischen Erfolg
Auch die ergänzenden Daten sollten mit Fokus auf die Ausschreibung und mit Perspektive auf den künstlerischen Werdegang gesetzt sein. Eine komplette Auflistung sämtlicher Nebenjobs ist nicht nötig. Auch hier gilt: weniger ist mehr und eine Ausstellungsliste ist interessanter, als eine Liste sämtlicher bisheriger Arbeitgeber. Auch bereits gewonnene Ausschreibungen, Stipendien und Künstleraufenthalte sind an dieser Stelle wichtig. Im Portfolio wird das Profil eines Künstlers/einer Künstlerin herausgearbeitet – von ihm oder ihr selbst. Diese Gelegenheit sollte man aktiv und reflektiert nutzen. Wie man selbst und die eigenen Werke wahrgenommen werden, kann man an dieser Stelle ganz gut steuern und hier beginnt bereits das Selbstmarketing.
5. Nutzt die Folgewirkungen einer Bewerbung
Denn in den Auswahlkomitees versammeln sich Kuratoren, Galeristen, Sammler, Museumsleiter oder auch andere Künstler; und so groß wie man manchmal denkt, ist die Kunstwelt oft doch nicht. Auch wenn man nicht zu den Preisträgern gehört, so ist eine Bewerbung doch durch einige Hände gegangen, vielleicht war das Projekt in der engeren Auswahl. Juroren sind Multiplikatoren, sie können deine Arbeiten wiederkennen, sich in anderem Zusammenhang erinnern und darauf zurückkommen. Auch das sind Spuren, die eine Bewerbung hinterlassen kann. Manchmal werden die Künstler in der engeren Auswahl gesondert veröffentlicht. Wenn es mehrere Runden einer Ausschreibung gibt, kann so bereits das Erreichen der Vorrunden die Sichtbarkeit erhöhen, auch wenn man leider nicht zu den Preisträgern gehört.
Fazit
Die Frage, ob ein Wettbewerb die eigene Sichtbarkeit erhöhen kann, ist zentral für die Frage, ob man sich bewirbt. Kann die Ausschreibungen neben dem Preisgeld einen Mehrwert in Form von Präsenz erzeugen, macht es sie attraktiver für die teilnehmenden Künstler. Trotzdem bleibt die Konkurrenz natürlich groß und Durchhaltevermögen eine der wichtigsten Eigenschaften für Künstler.
Text: Annalena Roters